Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Weiteres

Login für Redakteure

Kurzbeschreibung - Diplomarbeit Birgit Glorius

Die räumliche Umwelt älterer Menschen - Subjektive Raumwahrnehmung und planerische Konsequenzen.

Diplomarbeit an der Bayerischen Julius-Maximilians-Universität Würzburg (unveröff.)

Kurzbeschreibung:
Vor der Hintergrund der demographischen Entwicklung in Deutschland und des Postulats einer Emanzipation der älteren Generation untersucht diese Arbeit, inwieweit die Selbstwahrnehmung älterer Menschen und ihre Strategien zur Alltagsbewältigung mit der Sichtweise und dem Maßnahmenkatalog von Politik, Planung und Altenhilfe übereinstimmen.

Erkenntnisleitende Frage ist, welche Maßnahmen notwendig sind, um das selbständige Wohnen (als die nachweislich bevorzugte Lebensform - auch im Alter) aufrechtzuerhalten. Daraus ergeben sich die Schwerpunkte der Untersuchung, nämlich ein Vergleich der Lebensumstände älterer, privat lebender Menschen mit der allgemeinen Versorgungsinfrastruktur und den Angeboten der Altenhilfe in ihrem Wohnumfeld.

In einem einleitenden Teil werden empirische Erkenntisse zur Situation älterer Menschen aufgearbeitet und die relevanten politischen und planerischen Aspekte dargestellt. Nach einem Überblick über den Forschungsstand zum Thema „Räumliche Alternsforschung" folgt die Ableitung des Untersuchungsansatzes anhand theoretischer und methodologischer Leitlinien.

Die empirische Untersuchung wurde in einem Stadtteil Würzburgs durchgeführt. Mit Hilfe von narrativen Interviews wurde die Raumwahrnehmung selbständig lebender älterer Menschen untersucht. Die Darstellung der Angebotsseite erfolgte durch die Kartierung der Infrastruktur des Viertels sowie durch leitfadengestützte Interviews mit ExpertInnen der Altenhilfe auf Quartiers- und kommunaler Ebene. Die Interviewdokumente wurden transkribiert und in mehreren Analyseschritten (Einzelfalldarstellung, generalisierende Analyse, Typenbildung) ausgewertet. Die Ergebnisse aus den Betroffeneninterviews umfaßten Aspekte des Wohnens, der alltäglichen Versorgung, Mobilität, Raumaneignung, der sozialen Kompetenz und der eigenen Positionsbestimmung innerhalb der Gesellschaft.

Als Ergebnis kann eine sehr komlexes individuelles Bezugssystem festgestellt werden, das den Befragten Selbständigkeit ermöglicht. Es wird jedoch auch deutlich, daß schon der Ausfall eines einzigen Elementes dieses Bezugssystems die Aufrechterhaltung der Selbständigkeit gefährden kann. Wichtige Kriterien in allen Lebensbereichen sind für die Befragten Sicherheit und Kontinutät. Auffällig ist die geringe gesellschaftliche Teilhabe und die zwiespältige Selbstwahrnehmung, die stark durch das (negative) Altersbild der Gesellschaft beeinflußt ist. Aus dieser fehlerhaften Positionsbestimmung resultiert zumindest teilweise auch die Verweigerung einer Auseinandersetzung mit dem eigenen Altwerden, was wiederum einen Mangel an Bewältigungsstrategien für den Fall der Hilfsbedürftigkeit nach sich ziehen kann.

Die Analyse der Angebotsseite ergibt eine Diskrepanz zwischen (politischer) Zielformulierung und praktischer Umsetzung. Defizite gibt es vor allem im Aufspüren von Problemlagen, in der individuellen Einzelfallhilfe sowie im Bereich derWohnberatung und Wohnungsanpassung. Da selbst bei den AkteurInnen der Altenhilfe zum Teil noch ein überkommenes Bild vom Altern zu finden ist, wird eine Umstellung des Altenhilfe weg von unterhaltenden Angeboten und eine Hinwendung zu „Hilfe zur Selbsthilfe" und zur psychologische Unterstützung älterer Menschen behindert.

Aus der empirischen Untersuchung ergeben sich folgende Empfehlungen an die Akteure im Bereich der Altenhilfe und -politik: die Erhaltung des selbständigen Wohnens, Bewohnerbeteiligung bei der Stadtplanung, der Erhalt der quartierseigenen Infrastruktur, eine Stärkung des sozialen Klimas im Stadtteil, neue Formen der Auseinandersetzung mit dem Alter, eine Förderung der Selbsthilfe, die Umstrukturierung der Informations- und Beratungsangebote im Sinne eines zugehenden Angebots sowie die Suche nach neuen Trägern für die Finanzierung o.g. Maßnahmen (Sozialsponsoring).

Als weiterführende Forschungsthemen ergeben sich die Selbstwahrnehmung und Raumaneignung zukünftiger Altengenerationen, die Entwicklung des Betreuten Wohnens sowie das Altern von Minoritäten und gesellschaftlichen Randgruppen in Deutschland und Europa.

Zum Seitenanfang